Kleinwechsungen
Kleinwechsungen muß etwas älter sein als die anderen Ortsteile. Der Name wurde um 802 das erste Mal erwähnt. Bevor sich im heutigen Gemeindegebiet von Kleinwechsungen die ersten Siedler niederließen, hatte die Landschaft ein ganz anderes Gepräge. Das Gebiet war ur-, zum Teil buschwaldartig mit undurchdringlichem Unterholz bewachsen. Die Menschen siedelten in den Tälern, weil dort das nötige Trinkwasser vorhanden war und guter Schutz gegen Naturgewalten geboten wurde.
Die Kirche und das alte Verwaltungsgebäude in Kleinwechsungen
In den 70er Jahren des 8. Jahrhunderts kamen die Markenschneider Karls des Großen in die Gegend des Helmetals, teilten nach fränkischem Brauch die Fluren in Hufen zu 30 Morgen und erklärten Ödländer und Grenzstreifen als Eigentum des Reiches. Der Name des Dorfes lautete: "Wessinge minor", "Wessungen minor" und "Wenigen-Wessungen" (ca. 13. Jahrhundert). Anteil am Dorf hatten die Herren Cranichfeld, von denen Volrad und seine Söhne 1275 unter anderem auch Land an Walkenried abgaben.
Zum Ortsteil Kleinwechsungen gehören die im Außenbereich liegenden Wohnflecken Flarichsmühle und die Neue Mühle. Bei der Flarichsmühle leben derzeitig 5 Familien, darunter ein Wiedereinrichter mit einem Landwarenhandel. Diese Siedlungen sind zugleich die ältesten Ansiedlungen in der Gemarkung Kleinwechsungen. Beide Mühlen sind noch heute durch ihre landwirtschaftliche Nutzung geprägt.
Weitere Besonderheit des Ortsteile sind die auf dem Seeberg und dem Riethberg befindlichen Karstbereiche in Form von Erdfällen, die durch Auslaugung des unter der Oberfläche anstehenden salinaren Gipses entstanden sind. Lediglich das "Große Seeloch" stellt sich als ständig wasserführende Karstquelle dar. Der Bereich um das Große Seeloch ist ein Naturschutzgebiet.
Das neue Feuerwehrgerätehaus
In Kleinwechsungen leben heute ca. 330 Einwohner. Der Ort entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte aus der Addition von Einzelhöfen entlang des Helmeufers. Der Ortsteil war ein sogenanntes Kolonistendorf in der schützenden Nähe zum Reichshof Nordhausen. Die Helme mit ihren fruchtbaren Talauen bot für den Ackerbau und die Viehzucht ideale Voraussetzungen für landwirtschaftliche Niederlassungen. Die Ansiedlung nördlich der B 243 sowie im Bereich der Hauptstraße / Großwechsunger Straße besteht erst seit geschichtlich kurzer Zeit, welche bereits durch den Rückgang der Landwirtschaft in den Dörfern und deren Entwicklung zu Wohngemeinden geprägt wurde.
Die natürlichen Baugrenzen von Kleinwechsungen werden gebildet durch den Flußlauf der Helme im Süden und im Norden durch die B 243 entlang des Fußes der Hügelkette des Heideberges und Mühlenberges. Die höchste bauliche Erhebung im Ort bildet der Kirchturm im nordöstlichen Bereich des historischen Ortszentrums.
Kleinwechsungen liegt direkt an der B 243 und besitzt mit dem Ortsteil Groß- wechsungen ein gemeinsames Gewerbegebiet an der B 243 n / die Mönchshufe. Der kleine Ortsteil verfügt über 4 Vereine, wobei die FFW das kulturelle Leben bestimmt. Im Ort entstand ein Bebauungsgebiet mit mehreren Einzelstandorten.
Durch den Ort zieht sich der Ostergraben mit einer langen Geschichte.
Als Ostergraben wird ein Bachlauf bezeichnet, der in der Feldflur von Klein-wechsungen entspringt. Seine Länge beträgt ca. 2 km und kann in Unter-, Mittel- und Oberlauf eingeteilt werden. Den Oberlauf bildet ein Entwässerungsgraben einer sumpfigen Geländevertiefung. Der Unterlauf führt durch die Ortslage von Kleinwechsungen und mündet in der Helme. Der Mittellauf führt durch ein Tal, das „Ostergraben“ genannt wird, in diesem Abschnitt gibt es auch zwei kleine Quellen, die ihr Wasser dem Bach zuführen. Dieser Ostergraben wurde erstmals in der „Ersten Reinkarte zu Kleinwechsungen“ vermessen, kartographiert und namentlich genannt.
Als Eigentümer dieses „19 Morgen und 5 Quadratruten“ großen Areals wurde in dem „Rezess“ von 1846 eine Interessengemeinschaft
festgelegt, die aus den namentlich genannten Eigentümern von 44 in Kleinwechsungen befindlichen Wohngrundstücken bestanden.
Die Anteile bezogen sich nur
auf die Wohngrundstücke und nicht auf die Personen. Man konnte also nur durch das Erben oder den Kauf eines dieser Wohngrundstücke in den Besitz der Ostergrabenanteile gelangen. Die Nutzungsrechte wurden also auf die Grundstücke festgeschrieben. Diese Regelung ist heute noch üblich. Als Nutzungsart wurde gemeinschaftliche Gänse- und Schweineweide genannt. Aus alten Kassenbüchern und Dokumenten ist bekannt, dass man zu Beginn des vorigen Jahrhunderts angefangen hat einige Teile der Fläche des Ostergrabens mit Obstbäumen aufzuforsten. Dazwischenliegende Grasflächen wurden als Futterquelle für Kleintierhalter genutzt. Damit die Anteile unter den Interessenten
gerecht verteilt werden konnten, wurden die Obstbäume und Grasflächen jährlich neu verpachtet. Der Erlös diente der Erhaltung von Wegen und Brücken und der Beschaffung von neuem Pflanzgut. Überwacht und kontrolliert wurde und wird heute noch alles Tun und Handeln von einem aus den Reihen der Interessenten gewählten Vorstand.
Der Ostergraben in seiner Besitzform hat sogar die DDR Verhältnisse unverändert überstanden.
Heute dient der Ostergraben zur Erholung und Entspannung. Auf einem Wander- weg, der am Bach entlang führt kann man durch den Ostergraben bis zum Seeloch spazieren.
Die Seelöcher:
Zwei markante Erdfälle, die sogenannten Seelöcher, befinden sich zwischen Kleinwechsungen und Günzerode auf dem Seeberge, der zur Kleinwechsunger Flur gehört.
Man spricht von dem großen und dem kleinen Seeloch.
Das große Seeloch hat einen Umfang von etwa 650 Metern und ist mit Wasser gefüllt und hat weder eine Zu- noch einen Ablauf. Die tiefste Stelle wurde in der Mitte des Seelochs mit 16 Metern gemessen. Das kleine Seeloch ist trocken und mit Sträuchern und Bäumen bewachsen.
Im 19. Jahrhundert befand sich eine schwimmende Insel auf dem großen Seeloch.
Nach Überlieferungen fand im Jahr 1929 ein Schwimmfest im Seeloch statt.
Es wurde dank reichlicher Holzspenden gabenfreudiger Kleinwechsunger ein Sprungturm von 3,5 Meter Höhe gebaut. Am Ufer wurden Verkaufs- und Schankbuden aufgestellt. Und aus allen Himmelsrichtungen kamen Zuschauer und wollten bei dem Ereignis dabei sein. Hoch oben über dem Wasser wehte das Banner der „Freien Schwimmerschaft“
Trotz vieler Schauergeschichten von Schlingpflanzen und Wasserstrudeln, die Schwimmer in die Tiefe ziehen, wird auch heute noch im Seeloch gebadet. Die Ufer und Hänge sind heute dicht mit Bäumen und Sträuchern bewachsen.
Viele Sagen kursieren um das große Seeloch.
Da gibt es die Sage vom Abt aus dem Kloster Gernrode, der das schöne Weib des Junkers Jost von Hochstedt zum Ehebruch verführte. Diese wurden ertappt und vom Junker Jost verflucht, so dass sich die Erde auftat und beide verschluckte und sich das Loch danach mit Wasser füllte.
Die wohl bekannteste Seeloch-Sage ist die Hirtensage. Einst hüteten zwei Hirtenjungen ihre Herde auf den Berge nahe bei Kleinwechsungen. Als es Zeit zum Essen war, schnürten die Knaben ihr Bündel mit dem Brot auf.
Einer der Hirtenjungen hatte weißes Brot und der andere schwarzes Brot von zu Hause mitbekommen. Der Hirtenjunge mit dem Schwarzbrot wollte gern mit dem Anderen tauschen. Der aber wollte sein Weißbrot allein essen. Darauf wurde der Knabe mit dem Schwarzbrot so zornig, dass er sein Brot an die Peitsche band und durch die Luft schleuderte. Als das Brot auf die Erde fiel, tat sich diese zu einem großen Loch auf und der Hirtenjunge rutsche in die Tiefe. Das so entstandene Loch füllte sich mit Wasser und wurde das große Seeloch genannt.
Als Lehre dieser Sage wurde allen Kindern von Stund an geboten, kein Brot wegzuwerfen.